Startseite > Rundbriefe Freiwillige > Jacqueline und Fabian zwischen Alltag und Ausflügen

Jacqueline und Fabian sind nun schon eine ganze Weile in Paraguay und arbeiten an der Schule Renacer mit. In ihrem vierten Rundbrief berichten sie von Ausflügen, bürokratischen Hürden, dem Abschied von Chiara und der Ankunft von Tabea und Silas:

Uns geht es gut und wir freuen uns schon total darauf euch wieder zu sehen! Unseren letzten Wochen waren hauptsächlich vom Alltag geprägt. Darüber hinaus haben wir einen Kurzurlaub in Encarnación gemacht und uns von Chiara verabschiedet.

Doch angefangen hat es damit, dass wir uns ein 6 Monate Visum beantragt haben. Bei unserem ersten Grenzübergang in Foz de Iguazu (Brasilien) gab es einige Probleme und wir befürchteten kein neues Touristenvisum mehr zu bekommen. Also sind wir zu verschiedensten Polizeistationen und Behörden gefahren und haben Papiere beantragt mit denen wir Papiere beantragen konnten mit denen wir Papiere beantragt haben um dann endlich das Visum beantragen zu können. Bei jeder Station mussten wir mindestens einen Tag warten, selbst wenn es sich nur um einen Stempel handelte. Die Bürokratie fühlt sich auch hier wundervoll an. Insbesondere bei weiter entfernten Stellen war das ziemlich nervig. Unsere Hausmutter hat uns fleißig unterstützt und einige Male gefahren, aber dennoch waren wir 2 Wochen mit dem Thema beschäftigt. Doch jetzt haben wir das Visum und können entspannt hier bleiben! 🙂

Anfang Juli sind wir dann nach Encarnacion gereist und haben 4 Tage Urlaub gemacht. Encarnacion liegt von uns aus ca. 6h Bussfahrt entfernt und ist eine der Städte, in der die Paraguayer selbst auch Urlaub machen. Davon haben wir allerdings nichts gemerkt, da offiziell Winter war und noch keine Ferien waren. Dadurch hatten wir den Strand für uns. 🙂

Der Winter hier ist anders als in Deutschland. Die Temperatur schwankt von Tag zu Tag stark, ist aber immer zwischen 9°C und 35°C. Nachts und nach Regen kühlt es ab und es gibt immer mal wieder so richtig kalte Tage, die man dick eingepackt überstehen muss. In Encarnacion hatten wir richtig gutes Badewetter. Unsere Ferienwohnung war im siebten Stockwerk eines Hochhauses und so hatten wir den vollen Überblick über das Stadttreiben. Da gab es zum Beispiel den Park in dem mit vegetarischen Essen gefeiert wurde, ein kleiner japanischer Garten, und Gehwege, die nicht alle paar Schritte eine Stufe hatten.

Am ersten Abend sind wir am Flussufer entlangspaziert und es hat sich echt wie Urlaub angefühlt. Der Fluss ist über 2 km breit, hat eine Promenade mit ungenutzter Weihnachtsdeko, einen Sandstrand und auf der anderen Seite sieht man die Skyline von Posadas (Argentinien).

Am Samstag sind wir zu den Jesuitenruinen in Trinidad (Weltkulturerbe) gefahren. Die Jesuiten waren ein katholischer Orden, der in Südamerika einige Siedlungen gegründet und so die Ureinwohnern missioniert hat. Die Siedlung, die wir besucht haben, wurde 1706 als Schutz gegen die spanischen Sklavenjäger gegründet. Dort lebten zwei jesuitische Mönche und an die 4000 Indigene, die sich unter der geistlichen Leitung der Jesuiten selbst organisiert haben.

Die Jesuiten wurden 1767 schon wieder vertrieben, aber aus manchen ihre Städte wurden heutige Großstädte wie Encarnacion. Die Ruine, die wir besucht haben, ist ein großes Grasgelände, auf denen systematisch angeordnet viele Wohnraumruinen und eine große Kirchenruine stehen. Die Kirche hatte meterdicke Backsteinwände und auch die ganz normalen Wohnhäuser sahen auch heute noch besser aus als so manches paraguayisches Haus, das man in den Städten so sieht. Es gab in Stein gehauenen Verzierungen in Form von Blumen, Engeln und Rahmen. Angeblich ist das ein einzigartiger Stil (Mischung aus dem gewohnt katholischen und indigenen Gesichtern usw.). Als wir da waren, wurde auf dem Hauptplatz dort Yoga gemacht, ein überraschender Anblick. Es hat uns enorm beeindruckt was die Jesuiten in der kurzen Zeit geleistet haben und wie stark sie das Leben der Paraguayer damals geprägt haben.

Am Sonntag sind wir für ein paar Stunden über die Grenze nach Posadas (jetzt können wir sagen, dass wir in Argentinien waren 😉 ), sind da durch die Stadt spaziert, haben am Strand Eis gegessen und gebadet und sind über einen Jahrmarkt gestolpert. In Posadas war alles schick und viele Leute saßen Mate trinkend zusammen. Die Paraguayer haben eine schlechte Meinung von den Argentiniern und meinten in Posadas gäbe es nichts zu sehen…naja ich (Fabi) fand Posadas schöner als Encarnacion, es hat sich wie Urlaub in Italien angefühlt. Bei unserer Wiedereinreise nach Paraguay hatten wir nicht die geringsten Probleme und wir haben unser 6-Monate-Visum überhaupt nicht gebraucht, sodass wir nicht wissen, ob es letztendlich egal ist und der Grenzbeamte damals bei Brasilien einfach nur einen schlechten Tag hatte und uns Angst gemacht hat. Aber so sind wir nicht gezwungen Ende September wieder auszureisen, letztendlich ist es eine gute Nachricht, dass wir keinen Ärger hatten.

Zurück in Asuncion gingen bald die Ferien los, für die der Pastor, mit dem wir arbeiten, eine Bauidee hatte. Etwas wofür wir den Pastor bewundern ist sein Tatendrang. Er sieht die Probleme, die es gibt, und will etwas verändern. Mit seiner kleinen Gemeinde baut er zum Beispiel eine neue Gemeinde in einem sozial armen Viertel auf und in der Schule wird ein neues Klassenzimmer gebaut, damit die Neuntklässer nicht mehr in der Abstellkammer sitzen müssen. Wir nennen es immer das fliegende Klassenzimmer, es kommt nämlich unter die Decke über die Treppe. Während der Ferien kamen Handwerker in die Schule und der Boden und Säulen des neuen Raums existieren nun tatsächlich. Wir haben in den Ferien Tische gestrichen, Mörtel abgeklopft, geputzt, Computer verkabelt, Äste klein geschnitten und immer neugierig beobachtet wie der Bau voran geht. Dabei wussten wir immer erst am Tag selber was wir konkret machen werden, aber diese Art der Spontanität fällt mir (Jacqueline) mittlerweile leichter als noch im Februar.
Die Bauarbeiten haben natürlich länger gedauert als geplant und als die Ferien vorbei waren war alles voller Baumaterialien und es gab keinen Platz für Schüler. Da wurde dann halt spontan die erste Woche online unterrichtet. Inzwischen sind die Schüler wieder in der Schule und der Bau der schleicht parallel voran.

Geld für den Bau ist unter anderem durch einen „Internationalen Tag“ zusammen gekommen. Jede Klasse hat sich über ein Land informiert und einen Stand zu ihrem Land gestaltet. Sie haben die Flaggenfarben aufgehängt, Poster gestaltet und vor allem landestypisches Essen gemacht. Die Eltern kamen vorbei und das Essen wurde bei Musik und entspannter Stimmung verkauft. Am 30. Juli war außerdem der „Tag der Freunde“. In der Schule und in der Gemeinde wurde im Gedenken an gute Freundschaften gewichtelt. Alle haben einen Kreis gebildet, einen Namen ihres „unsichtbaren Freundes“ gezogen und diesen beschrieben damit die anderen ihn erraten können. Anschließend hat man der Person, die man gezogen hat, noch eine Kleinigkeit geschenkt. Es gibt hier auch den „Tag der Folklore“. Alle Klassen haben paraguayische Tänze oder Theaterstücken zu den örtlichen Mythen eingeübt und vorgeführt und dabei traditionelle Kleidung getragen.

Neben diesen Festtagen gibt es bei uns zur Zeit sehr viel Alltag. Die Aufgaben sind ähnlich geblieben und am Wochenende gehen wir normalerweise in die Jugendstunde und den Gottesdienst der La Roca Gemeinde (das ist die Gemeinde, in die der Verlobte von Jacquelines Schwester geht). Da ist es echt schön und wir fühlen uns wohl. Hin und wieder gibt es dort Asado (gegrilltes Fleisch) und wir sind mittlerweile lange genug hier um zu wissen, dass, wenn wir eine Beilage zum Fleisch haben wollen, diese selber beisteuern sollten, da andere nicht unbedingt daran denken.

Eine große Veränderung für uns war, dass uns Chiara, die dritte Freiwillige, verlassen hat. Sie ist wegen dem Studium wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Es war ein Geschenk sie bei uns zu haben und wir vermissen sie. Wir haben die letzten die Tage mit ihr im besonderen Maß genossen und ein Picknick auf dem Wohnzimmerboden gemacht und am Strand von Asuncion paraguayische Snacks gegessen.

Mittlerweile sind wir aber wieder zu viert. Nach ein paar Wochen zu zweit kamen neue Freiwillige, Tabea und Sila. Silas wohnt nur die ersten paar Wochen hier und geht dann zu einem anderen Projekt aber Tabea wird bei uns bleiben und im gleichen Kinderheim arbeiten wie Chiara. Es ist schön mit den beiden. Sie mussten natürlich unsere paraguayischen Kochkünste durchprobieren und es war lustig mitzuerleben wie Neue Paraguay entdecken und sich über Sachen wundern, die uns mittlerweile gar nicht mehr auffallen.

Viele Grüße an alle!

Jacqueline & Fabian